Jedes Kunstwerk, jedes Bild erzählt eine Geschichte.
Nicht nur die, die man sieht, sondern auch die seines Weges durch die Geschichte.
Wem hat es gehört? Wo war es ausgestellt und wer hat darüber geschrieben?
Wem wurde es geschenkt und wer hat es wann und wozu erworben?
Wer hat es wann geraubt?
In der Ausstellung werden an ausgewählten Beispielen die detektivischen Methoden der Provenienzforschung verdeutlicht und die Geschichten hinter den Werken erzählt. Zugleich wird thematisiert, welche Rückwirkungen die Rechercheergebnisse für die Akademie haben und wie komplex die Entscheidungsfindung bei belasteten Objekten ist.
Eine zentrale Aufgabe der Provenienzforschung in der AdK ist es, ihre eigenen Kriegsverluste zu rekonstruieren. Die bedeutende Kunstsammlung der Preußischen Akademie der Künste zu Berlin wurde infolge des Zweiten Weltkrieges soweit dezimiert, dass sich Umfang und Reichtum nur erahnen lassen. Nur wenige Kunstwerke gelten als zerstört, der größte Teil wurde von der Roten Armee als Beutekunst abtransportiert. Teilbestände kamen 1958 zurück. Der Großteil der Sammlung befindet sich heute in Polen, Russland und der Ukraine.
Ein weiterer Schwerpunkt der Forschungen der AdK sind die Provenienzen des nationalsozialistischen Kulturgutraubes. Am Beispiel von Alfred Kerr wird dargestellt, wie die Nationalsozialisten nach seiner Flucht aus Deutschland den Inhalt seiner Villa und seine wertvolle Büchersammlung von mehr als 5.000 Werken beschlagnahmten und versteigerten.
Einen kleinen Teil konnte der verfolgte Theaterkritiker zwar noch an die Preußische Staatsbibliothek verkaufen, der Rest blieb verschollen. Erst 2007 wurden Teile der Autografensammlung wiederentdeckt und an die Familie zurückgegen. Von den Erben wurde 2013 ein Briefwechselbestand zwischen Arthur Schnitzler und Kerr in eine Auktion eingeliefert. Er konnte von der AdK erworben werden und gehört heute zum Alfred-Kerr-Archiv.
Provenienzforschung bedeutet auch die Klärung von Eigentumsverhältnissen und die Wiedergutmachung historischen Unrechts. So forscht die AdK zu Kulturgutentziehungen in der DDR. Zu den Themenfeldern gehören u. a. die Enteignung oder die Beschlagnahme des Eigentums von „Republikflüchtigen“. Dazu zählt die Enteignung privater Sammlungen durch konstruierte Steuerstrafverfahren. Ziel des DDR-Staatsapparates war es, Kunstwerke aus Privathand systematisch zu beschaffen, um sie gewinnbringend gegen Devisen zu verkaufen.
Es gibt auch falsche Fährten. Wladimir Majakowskis handgemalte Kostümentwürfe im Besitz der Akademie sind keine Raubkunst. Die Großaquarelle mit ihrem knallbunten, witzigen Figurengewimmel erwiesen sich im Zuge der Provenienz-Recherchen als sorgfältige Kopien, mitsamt ihren kyrillischen Bleistiftnotizen. Die Blätter wurden im Staatlichen Majakowski-Museum Moskau 1978 offenbar eigens für eine Westberliner Ausstellung angefertigt.
Text: Irmtrud Pandza
Foto: Hubert Pandza