Soft Agitators

Bob Bicknell-Knight, Zohar Fraiman, Lynn Klemmer, Sali Muller, Sarah Niecke, Julie Wagener

December 10, 2021, 18 Uhr / 6 pm:  Lecture Performance von/by Anisha Gupta Müller POLITIKEN DER COMFORTABILITY und / and Nora Mayr & Stephanie Winter INTRODUCTION TO RADICAL CARE. Kuratiert von / curated by: Natalia Figuigui. Info: https://www.saarlaendische-galerie.eu/veranstaltung/soft-agitators-lp

Link  Zoom Meeting

https://us02web.zoom.us/meeting/register/upYtfuuuqjwqGtBhjjWHzDeRCCtbcx0vRw2B

 

SOFT AGITATORS

(DE) Gehen wir von Herbert Marcuses Buch Die Permanenz der Kunst: Wider eine bestimmte marxistische Ästhetik aus, kann Kunst zwar nicht die Welt verändern, aber „eine alternative Sensibilität entwickeln, ein alternatives Denken und Fühlen“. Sie kann darüber hinaus helfen, “das Bewusstsein und den Antrieb derjenigen Männer und Frauen zu verändern, die die Welt verändern könnten.“ Es ist bekannt, dass der Mensch als Gewohnheitstier wiederholt vieler unterschiedlicher Impulse bedarf, um ihn aus seiner Lethargie zu reißen und Künstler:innen sind in der wunderbaren Position den Status quo in Frage zu stellen. Sie verhandeln seit jeher verschiedene Wahrnehmungsmodi immer wieder aufs Neue und sind somit die perfekten „Soft-Agitatoren“, um einen Wandel in unserer Gesellschaft voranzutreiben.  

Klar ist, dass die Missstände, die Fragen und möglichen Lösungen, die zunächst in der Kunst aufgezeigt- und vorgeschlagen werden, danach in anderen Gesellschaftsbereichen verhandelt werden müssen. Außerdem muss ja nicht gleich mit der totalen und radikalen Veränderung der Welt begonnen werden. Fangen wir doch zunächst bei uns selbst an, also den Betrachter:innen von Kunst. Wir leben schließlich in einer Gegenwart, in der wir uns alle dringend nach möglichst schnellen und konkreten Antworten sehnen. Das könnte beispielsweise bedeuten, uns zu fragen: Wie wollen wir zukünftig leben, was müssen wir in unserem Verhalten überdenken und ändern und wie können wir alle gemeinsam glücklich(er) werden? Dann wäre es nämlich nur noch eine Frage der Zeit, bis dies – vom Individuum ausgehend – einen viel größeren Wandel und positive Auswirkungen für alle bringt. Und warum nicht der Kunst diese Kraft des Anstoßens von Veränderung zugestehen?

Es ist eine besondere Eigenschaft der Kunst, frühzeitig wichtige Fragen zu stellen und so eher als andere auf aktuell-relevante Gesellschaftsthemen aufmerksam zu machen. Alle Künstler:innen von “Soft Agitators” hinterfragen gewissermaßen die Gegebenheiten unserer Realität und Existenz. Sofern die Kunst Besucher:innen auf einer persönlichen Ebene erreicht, können jene viel eher abgeholt werden. Die Botschaften der Kunstwerke werden dann zuerst über die Sinne zum Verstand und schlussendlich mitten ins Herz geleitet! Die Ausstellung wird somit ein Experiment, das viele unterschiedliche künstlerische Positionen vereint. Wenn die Betrachter:innen es zulassen, können sie zu Erkenntnissen kommen, die einen Teil oder auch ein gesamtes bisheriges Weltbild infrage stellen. Im besten Falle wird so das Bewusstsein der Besucher:innen soweit angeregt, dass sie durch zukünftige Handlungen oder Unterlassungen, eine „neue Zukunft“ mitzugestalten. Es gilt ab jetzt, nicht nur in dieser, sondern auch in zukünftigen Kunst-Ausstellungen ganz genau hinzuschauen und -hören! 

In Kooperation mit dem Ministère de la Culture des Großherzogtums Luxemburg

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(EN) If we take up the premise advanced by Herbert Marcuse in his book The Aesthetic Dimension: Toward a Critique of Marxist Aesthetics,1 then admittedly, art cannot change the world, but it can “foster an alternative sensibility, an alternative way of thinking and feeling”. It can, moreover, help to “change the consciousness and drive of those men and women who could change the world”. It is well known that human beings are creatures of habit who recurrently require many different stimuli to jolt them out of their lethargy, and, too, that artists are in the marvellous position of challenging the status quo. Since time immemorial the latter have been negotiating different modes of perception, over and over again, and insofar personify the “soft agitators” who propel social change.

It is likewise clear that those grievances, questions and possible solutions first brought to light or proposed by art must subsequently be negotiated in and with other areas of society; and we need not begin radically by changing the world completely; let us begin with we ourselves, as art viewers. After all, we live in a world today, in which we all yearn for or even crave answers that are as prompt and concrete as possible. This may, for example, imply asking ourselves, how we want to live in the future, what we need to reconsider and change in our behaviour, and how we might all together become happy or happier. In which case it would be only a matter of time before this – starting with the individual – brought about far more sweeping change and positive effects for all. And why not allow that art has this power to trigger change?

One wonderful characteristic of art is that it is quick to ask important questions and so stay one step ahead in drawing attention to current affairs of social relevance. In similar vein, all the artists in “Soft Agitators” question the circumstances of our reality and (co-)existence. If art moves visitors on a personal level, it is much more likely to engage their interest. It is initially through the senses that the message in a work of art makes its way into the minds and, finally, the hearts of those who see it! Thus, any exhibition is an experiment in fusing many different artistic perspectives. Visitors with an open mind may gain insights that call into question their previous view of the world, in part or in total. Optimally, their consciousness is stimulated to such a degree that they then help to shape a “new future” through what they do, or don’t do. It is vital, therefore, to look and listen very carefully, from now on, not only in this art exhibition but in those to come!

1 Marcuse, Herbert, Die Permanenz der Kunst: Wider eine bestimmte marxistische Ästhetik, Carl Hanser Verlag, 1977. English version translated and revised by Herbert Marcuse and Erica Sherover, Beacon Press, 1978.

4. Oktober 2021