Ingeborg Knigge

How you look at it

21. Januar 2020 – 29. Februar 2020

Eröffnung

21. Januar 2020 - 19:00 Uhr

Grußwort

Thorsten Bischoff, Dienststellenleiter der Vertretung des Saarlandes beim Bund in Berlin; Wendelin von Boch-Galhau

Einführung

Dr. Katharina Hausel, Fotohistorikerin, und Dr. Uwe Dietrich

English version below

How you look at it

Ingeborg Knigge, die aktuelle Trägerin des Monika von Boch-Preises für Fotografie, zeigt in der Saarländischen Galerie in Berlin eine ganz neue Serie von Fotoarbeiten. Mit der Namensgeberin des Preises, Monika von Boch (1915-1993), verbindet sie ein Verständnis von Fotografie, das grundsätzlich künstlerisch geprägt ist. Zu entdecken sind weitere Verbindungen der beiden Künstlerinnen in der Präsentation von Knigges Arbeiten mit einer kleinen Auswahl von Fotoarbeiten von Monika von Boch.

Ingeborg Knigge weist schon mit ihrem Ausstellungstitel auf zentrale Merkmale der Fotografie hin, die in ihren Arbeiten und denen Monika von Bochs eine wichtige Rolle spielen: Blick und Perspektive. Fotografien, denen wir Unmittelbarkeit und exakte Realitätswiedergabe zuschreiben, zeigen nicht etwa ein zufälliges, getreues Abbild der Wirklichkeit sondern stellen einen Ausschnitt dar, der immer auch ein subjektives Zu-sehen-Geben ist. Die Perspektive ist dabei das wichtigste Mittel zur Gestaltung der Aussage einer Fotografie, sie schließt die weiteren Gestaltungsmöglichkeiten wie Licht, Kontrast, Linien und Flächen mit ein. Die Avantgardefotografie der 1920er Jahre nutzte diese Möglichkeiten produktiv und experimentell, beispielsweise in extremen Unteransichten oder Kontrasten. Ingeborg Knigge arbeitet wie Monika von Boch, eine Schülerin des Saarbrücker Hochschullehrers Otto Steinert (1915-1978), in dieser Tradition, eine Fotografie ähnlich wie ein gemaltes oder gezeichnetes Bild über die formalen Elemente konstruktiv zu gestalten. Ihr Stil ist allerdings sachlich, dokumentarisch, auf reine Formexperimente verzichtet sie. Das Interesse am Formalen steht in ihren Arbeiten einem deutlichen Interesse am Dokumentarischen und Erzählerischen gegenüber. Ihre „Straßenstücke“ beispielsweise kann man als abstrakte Kompositionen von dunklen Linien auf hellgrauem Grund sehen oder auch als fotografisches Dokument eines Beinah-Unfalls. Man kann sich fragen: Was ist eigentlich passiert, wenn Bremsspuren so aufeinander zulaufen: how you look at it… Der Ausstellungstitel spielt auch auf die Perspektive der Betrachtenden an, die mit ihren subjektiven Assoziationen die jeweils persönlich gültige Bedeutung eines Bildes konstituieren.

Um die vielfältigen Bedeutungsmöglichkeiten eines Fotos zu nutzen und mit ihnen zu spielen, arbeitet Ingeborg Knigge oft in Serien. In der gleichzeitigen Präsentation von mehreren nebeneinander präsentierten Aufnahmen können Abläufe verdeutlicht oder Vergleiche ermöglicht werden. Serien zeigen Beziehungen zwischen den Dingen oder weisen uns auf eine Ordnung oder eine Struktur hin, auf die wir selbst vielleicht nicht aufmerksam geworden wären. Wir sind eingeladen, im zunächst gleich Erscheinenden eine Abweichung zu entdecken. So wie bei der in der Saarländischen Galerie präsentierten Serie mit Fotografien von einförmig erscheinenden Steinen und Felsbrocken des Küstenschutzes, die in der Zusammenschau plötzlich erstaunlich individuelle „Gesichter“ zeigen.

Mehr Informationen: https://iknigge.de

Das Manuskript zur Eröffnungsrede von Katharina Hausel und Uwe Dietrich können Sie hier lesen:  Einfuehrung

Biografie

geboren 1955 in Melsungen, Hessen
seit 1979 Fotografin in Frankfurt am Main, Hamburg, Brüssel und Saarbrücken
seit 1999 Mitglied des Saarländischen Künstlerbundes (SKB)
2004-2008 Künstlerbund-Vorsitzende
2005 Lehrauftrag an der Hochschule der Bildenden Künste Saar (HBKsaar)
seit 2006 Künstlerische Leiterin des Fotoateliers der HBKsaar
2010 in die Deutsche Gesellschaft für Photographie (DGPh) berufen
lebt in Saarbrücken

Einzelausstellungen (Auswahl)

1989 La Chasse – Die Jagd, Westwerk, Hamburg
1993 Have you done your duty (2), AKZO-Holding, Brüssel, (Katalog: K)
1998 Waldfries Dillich – Edition 1998 des Saarländischen Künstlerbundes (folgend: SKB), Saarländisches Künstlerhaus (folgend: SKH), Saarbrücken
2001 Have you done your duty (7), Museum Illingen (K)
2002 Have you done your duty (8), Internationales Begegnungs- und Forschungszentrum für Informatik (IBFI), Schloss Dagstuhl
Schwarzweiß und Farbe, Have you done your duty (9), und Naturstücke, Haus der Stiftung Demokratie, Saarbrücken (K)
2003 Have you done your duty (10), Galerie am Ratswall, Bitterfeld (K)
2005 Wald- und Wiesenstücke, Kulturfoyer, Saarbrücken
Fotosynthesen – Bilder aus der Stadt (mit Edith Buch-Duttlinger), Saarlandmuseum, Saarbrücken (K)
Neues vom Golem, Have you done your duty (Album) – Städtische Galerie im Frank-Loebschen-Haus, Landau
2007 Hausnummern Saarbrücken, Multimediapräsentation im Schaufenster des Karstadt-Kaufhauses, Saarbrücken
Have you done your duty (14), Freiraum Galerie, Köln; Texte: 1, 2,
2009 Domenig & Knigge – Fotografie, (mit Gerald Domenig), SKH, Saarbrücken (K)
2010/11 Spiegelungen – Autoscapes (mit Werner Rauber), Galérie de la Médiathèque, Forbach, France
2011 Have you done your duty, (Auswahl), Projektionen von 120 Bildpaaren auf 16 Videowalls im gesamten Saarbrücker Stadtraum
Pflicht und Kür – Have you done your duty (16), Galerie der Stadt Wendlingen, Wendlingen am Neckar
2012 Ingeborg Knigge – Stadtbilder, Galerie im KuBa, Saarbrücken
2019 Fortgang – Ingeborg Knigge retrospektiv, Museum Schloss Fellenberg, Merzig

 

How you look at it

She won this year’s Monika von Boch Award and is showing a brand new series of photographs at the Saarländische Galerie in Berlin: Ingeborg Knigge, photographer, as she herself would say. With the late patron of her recent award, Monika von Boch (1915–1993), she shares a fundamentally artistic understanding of photography: and further parallels between the two artists can be explored in this presentation of Knigge’s work alongside a small selection of photographic prints by Monika von Boch.

Ingeborg Knigge’s very choice of title highlights core characteristics of photography which play a paramount role in her own work and that of Monika von Boch: the gaze and the perspective. Photographs to which we ascribe immediacy and an exact representation of reality do not offer an incidentally faithful portrayal of how things really are, but only ever an excerpt, which is always also a subjective revelation. Perspective is thereby the most important means to shape the statement a photograph makes, encompassing as it does all the other means, namely light, contrasts, lines and planes. Avant-garde photography of the 1920s exploited such means prolifically and experimentally, for example by shooting motifs at extreme angles from below or by heightening contrasts. Like Monika von Boch, who studied under Otto Steinert (1915–1978) at Saarbrücken University, Ingeborg Knigge stands in this tradition insofar as she uses formal constructive elements to compose a photograph much as one would a painting or a drawing. Her style is realist and documentary nonetheless; she eschews purely formal experiment. Any interest in the formal is balanced by an evident interest in the documentary and narrative dimensions. For example, her “Straßenstücke” [Street Pieces] can be read as abstract compositions of dark lines on a light-grey background or as a photographic record of an accident that almost happened. We can ask ourselves, what actually happened, if, say, the skid marks criss-cross this way or that: it depends how you look at it. The exhibition title thus references each individual viewer’s perspective on an image, which is always a valid personal interpretation coloured by subjective associations.

In order to playfully draw on the many possible interpretations of an image Ingeborg Knigge often makes serial works. Presenting several images in juxtaposition clarifies processes and facilitates comparison. Series illustrate interrelationships or allude to an order or a structure that would otherwise perhaps not catch our attention. We are invited to discover deviation in things initially apparently identical. So, too, in the series on show at the Saarländische Galerie: photographs of seemingly monotonous stones and boulders amassed for coastal defence that, all of a sudden, on closer inspection, reveal astoundingly individual “faces.”

Biography

born 1955 in Melsungen, Hessen
since 1979 photographer in Frankfurt am Main, Hamburg, Brussels and Saarbrücken
since 1999 member of the Saarländischer Künstlerbund (SKB, Saarbrücken Artists’ Association)
2004–2008 Chair of the SKB
2005 Lectureship at the Hochschule der Bildenden Künste Saar (HBKsaar, Saarland University of the Arts)
since 2006 artistic director of the photo studio at the HBKsaar
2010 appointed to the Deutsche Gesellschaft für Photographie (DGPh, German Society for Photography)
lives in Saarbrücken